Vertrauenspersonen unserer Gemeinden

„Die Gemeinde muss die Augen offenhalten“

Zahlreiche Missbrauchsgutachten zeigen es: Die Kirche hat schlimme Fehler gemacht. Viele fragen sich jetzt: Wie gehen die Gemeinden damit um? Ein Gespräch mit Martina Wagner und Peter Frey, Vertrauenspersonen unserer Gemeinden. 

Wir sprechen heute auch unter dem Eindruck der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, die in einem Münchener Gutachten aufgedeckt wurden. Was haben Sie gedacht, als Sie davon gelesen haben?

Martina Wagner: Mir hat das in der Seele wehgetan. Ich habe mich immer der Kirche verbunden gefühlt. Aber in dem Moment hatte ich wirklich Wut. So ein Missbrauch ist Verrat an allen Mitchristen.

Peter Frey: Bei mir kam zudem die Frage auf: Gab es das bei uns in der Gemeinde auch? Sind wir betroffen? Ich habe Pfarrer Krause gleich darauf angesprochen und er versicherte mir, ihm seien keine Fälle bekannt. Natürlich hoffe ich, dass das stimmt.

Was muss eine Gemeinde wie unsere jetzt mit Hinblick auf die Themen Missbrauch und Prävention unternehmen?

Wagner: Die Gemeinde muss die Augen und Ohren offenhalten, das ist das Wichtigste und das gilt natürlich für alle, die am Gemeindeleben teilnehmen. Darüber hinaus sollte es Vertrauenspersonen geben, die nicht hauptamtlich tätig sind, sondern einen Blick von außen einbringen.

Für unsere Gemeinde übernehmen Sie diesen ehrenamtlichen Dienst. Was genau ist Ihre Aufgabe?

Frey: Zunächst einmal ist es uns wichtig, den mutmaßlichen Opfern Glauben zu schenken. Wir nehmen jede Person ernst, die zu uns kommt. Selbstverständlich behandeln wir alle Fälle diskret. Außerdem sind wir auch präventiv tätig. Wir helfen der Gemeinde dabei, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen und Prävention im kirchlichen Alltag mitzudenken.

Was wären denn jetzt für eine von kirchlichem Missbrauch betroffene Person die ersten Schritte? Wohin kann sie sich wenden?

Wagner: Am besten ist es, wenn Betroffene zunächst den Kontakt zu einer Vertrauensperson aus ihrem näheren Umfeld suchen. Danach kann es um weitere Schritte gehen, zum Beispiel die Kontaktaufnahme mit Vertrauenspersonen wie uns.

Was würden Sie unternehmen, wenn sich ein Opfer bei Ihnen meldet?

Frey: Auch bei uns steht das Zuhören an erster Stelle. Danach würden wir uns beraten. In einer Gemeinde ist es oft ratsam, den Pfarrer oder eine andere hauptamtliche Person dazu zu holen. In diesem Kreis muss dann entschieden werden, wie wir mit dem Fall umgehen. Außerdem gibt es in der Diözese die Vorgabe, Missbrauchsfälle an die Bischöfliche Kommission zu melden.

Zum Schluss noch eine Frage zum großen Ganzen. Was erhoffen Sie sich allgemein von der Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen?

Wagner: Mit Blick auf die Zukunft ist es mir wichtig, dass Missbrauch und Prävention in jeder kirchlichen Ausbildung eine Rolle spielen. Und beim Blick auf die Vergangenheit hilft nur absolute Ehrlichkeit.

Frey: Wir brauchen eine bessere Teilung von Führungsverantwortung. Zu einer Gemeinde gehören neben den Pfarrern ja Laien und weitere Hauptamtliche, Frauen wie Männer. Wenn Verantwortung so geteilt würde, könnten unkontrollierte Machtstrukturen gar nicht erst entstehen.     

(Dieses Interview entstand für die Ausgabe unseres Gemeindemagazins katholisch konkret im Mai 2022)

 

Die Vertrauensleute
Die Vertrauenspersonen haben praktische Erfahrung im Sozialbereich. Peter Frey arbeitet im Jugendamt der Stadt und Martina Wagner leitet das Haus Martinus, eine Altenhilfeeinrichtung der Caritas.

Die Kontaktmöglichkeiten

Wer ein Gespräch wünscht, erreicht die beiden Vertrauenspersonen hier:     
Peter Frey:         praevention-kath-bc(at)gmx.de
Martina Wagner: praevention-kath-muenster(at)gmx.de